
Erstaunlich, welche Figuren aus Muscheln man in New Brunswick macht. Auf unseren Touren blicken wir gerne einmal hinter die Kulissen des Lebens vor Ort, und am liebsten tun wir dies, wenn wir Menschen kennen lernen und selbst erfahren, wie sie leben. Es ist nicht immer einfach, denn solche Erlebnisse ergeben sich häufig erst durch Kontakte vor Ort. Bei unserer Reise durch New Brunswick in diesem Sommer hatten wir das Glück, Marcia Poirier beim Besuch ihrer Kunsthandwerkstatt „Wild about Wampum“ bei ihrer Arbeit über die Schultern schauen zu dürfen. Ich konnte sogar selbst Hand anlegen und ausprobieren, womit sie ihr Geld verdient. Und das ist außergewöhnlich: Marcia stellt nämlich Wampum. das sind Figuren aus Muscheln, her.

Figuren aus Muscheln
Du fragst Dich sicher, was ist Wampum? Nun, schon die Wampanoag Indianer an der Ostküste Nordamerikas stellten Wampum her. Es diente zum einen als Schmuck, zum anderen dokumentierte es historische Ereignisse, Verträge zwischen verschiedenen Indianerstämmen und sogar Friedensverträge zwischen Indianern und europäischen Siedlern. Wampum wird aus Muscheln hergestellt. Es gibt Wampum-Gürtel und Bänder, die in ganz Nordamerika berühmt sind, weil sie Friedensvereinbarungen von historischer Bedeutung symbolisieren. Wampum kann aber auch Schmuck sein, und das ist es, was Marcia und ihr Ehemann Dave in Cocagne, einem kleinen Ort an der Route 134, herstellen. Sie machen Figuren aus Muscheln, die als Anhänger, Broschen oder anderer Schmuck verwendet werden.

Selbst erlerntes Handwerk
„Wie kamst Du auf die Idee, Figuren aus Muscheln herzustellen“, will ich von Marcia wissen. Sie lacht und erzählt: „Das geschah mehr oder weniger zufällig. Ich ging, wie so oft, am Strand spazieren und sammelte Muscheln, die großen, runden – die Quahogs, wie wir sie nennen. Dabei fiel mir auf, wie schön ihre Farbe ist, wenn die äußeren Schichten abgeschabt sind. Das ließ mir keine Ruhe. Und so begann ich zu Hause, diese Außenschichten zu entfernen.“ Dave unterbricht sie: „Es dauerte zwei Jahre, bis wir die richtigen Werkzeuge gefunden hatten, um die Muschelschalen zu bearbeiten. Sie sind so hart, dass wir heute nur noch Diamantschleifer dafür verwenden. Alles andere ist zu schwach.“

Woher kommen die Muscheln
Ich frage sie, woher sie die Berge an Muscheln hat, die in ihrer Werkstatt auf die Bearbeitung warten. „Diese bekomme ich von Fischern aus der Umgebung. Sie verlangen dafür einen hohen Preis, denn eigentlich sind sie für den Verkauf viel zu groß. Quahogs werden für den Verzehr viel kleiner geerntet. Nur dann gelten sie als schmackhaft, obwohl das Blödsinn ist. Aber so ist es nun mal. Sie können sie in dieser Größe nur an mich verkaufen, und verlangen dafür einen höheren Preis.“ Sie erzählt auch, wie sie anfangs von den Indianern in ihrer Nachbarschaft ausgelacht wurde, als ihre Fehlversuche zu nichts führten. Im Laufe der Zeit jedoch erwarb sie sich deren Freundschaft und Respekt, und sie wird heute sehr geachtet dafür, dass sie ihre alte Handwerkskunst aufrecht erhält.

Eine staubige Angelegenheit
Marcia führt uns in ihre Werkstatt und legt ihren Mundschutz an. „Das muss sein, denn der Staub, der bei dem Poliervorgang erzeugt wird, ist so fein, dass er sich in der Lunge absetzt.“ Die quirlige, kleine Akadierin sieht aus wie eine Bauarbeiterin in ihrer Arbeitskluft vor der staubenden Schleifscheibe, auf der sie eine der Muscheln vorpoliert. Sie schleift die äußersten Schichten rasch und mit geübten Bewegungen ab. Dann schneidet sie ein herzförmiges Stück heraus und hält es mir hin: „Jetzt bist Du dran. Du machst Dir daraus jetzt einen Schmuckanhänger.“ Ich schlucke, und sehe bald genauso aus wie sie – mit Mundschutz und Schürze: „Die musst Du tragen, sonst bekommst Du den feinen Staub nicht mehr aus der Kleidung.“

So wird aus einer unscheinbaren Muschel ein Schmuckstück
Marcia zeigt mir, wie ich das Muschelstück zu bearbeiten habe und gibt mir immer feinere Schleifscheiben, und tatsächlich: aus einer unscheinbaren Muschel, unter der ich am Strand nie diese intensiven Farben vermutet hätte, wird ein glänzender Anhänger, der sich wunderbar unter den Fingern anfühlt. Wenn ich die Kette heute um den Hals trage, verlockt mich seine Form immer wieder dazu, ihn anzufassen und drüber zu streichen. Ein schönes Gefühl, wenn man, wie ich in Cocagne, ein solches Souvenir selbst gemacht hat. Für mich ist es jedenfalls eines der schönsten Souvenirs, das ich seit langem nach Hause mitgebracht habe. Vielen Dank, Marcia, für diese tolle Gelegenheit, Dir bei deiner Arbeit über die Schultern zu schauen!
Und wenn Ihr das selbst einmal erleben wollt:
Wild about Wampum
4679 route 134
Cocagne, New Brunswick
Kanada
Tel. 506-576-5545
Muscheln spielen übrigens nicht nur in New Brunswick eine Rolle. Auf Sanibel Island in Florida dreht sich auch alles um die Muscheln. Oder schaut mal nach Prince Edward Island. Von dort kommen besonders köstlich schmeckende Muscheln.
Reiseorganisation:
Anreise:
Air Canada, Lufthansa, Condor und Icelandair fliegen von Deutschland aus verschiedene Flughäfen im Osten Kanadas an.
Mietwagen:
Günstige Mietwagen – schnell und einfach buchen!
Hotels:
Hotels in New Brunswick* könnt Ihr über unseren Partner booking.com buchen.
Quelle für Figuren aus Muscheln, die man in New Brunswick herstellt: eigene Recherchen vor Ort. Wir bedanken uns bei Tourism New Brunswick für die freundliche Einladung zu dieser Reise. Unsere Meinung bleibt unsere eigene.
Text: © Copyright Monika Fuchs, TravelWorldOnline
Fotos: © Copyright Monika Fuchs, TravelWorldOnline
Monika Fuchs und Petar Fuchs sind die Herausgeber des Slow Travel und Genuss Reiseblogs TravelWorldOnline Traveller. Sie veröffentlichen dieses Blog seit 2005. TravelWorldOnline ist online seit 2001.
Ihre Themen sind
Genuss Reisen
Weintourismus und Drinks in aller Welt und
Slow Travel
Monika Fuchs arbeitet seit 1990 im Tourismus. Sie war 17 Jahre lang als Reiseleiterin auf vier Kontinenten unterwegs und hat hochklassige Reisen begleitet durch Nord- und Zentralamerika, Australien, das südliche Afrika und Europa. Seit 2001 ist sie Autorin und Fotografin für TravelWorldOnline und schreibt als freie Journalistin u.a. für DIE ZEIT Online und Reisemagazine wie 360° Medien, TRIVAGO, Expedia, travador, etc. Außerdem verfasst sie Reiseführer über Destinationen und Genuss Reiseziele in aller Welt. Ihr Reiseführer über Kanadas Osten ist 2020 erschienen. Petar Fuchs produziert die Videos auf diesem Blog sowie auf YouTube.
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