Was ist „Le Pays de la Sagouine“ in Bouctouche?
Dorine ist eine Berühmtheit in New Brunswick: die kleine Frau, die uns in Le Pays de la Sagouine erwartet, hat schon den Premierminister der Provinz herumkommandiert. „Er mag nicht tanzen“, lacht sie. „Aber ich habe ihn ausgetrickst. Und wie er tanzen kann! Und die Löffel schlagen kann er auch!“ Etwas verwirrt blicken wir die resolute Frau an, die vor uns steht in ihrer Haushaltsschürze und ihrem Kopftuch und uns aufgeregt erzählt, dass er auch heute Nachmittag wieder erwartet wird. Und dass sie sich schon darauf freut. Aber nervös ist sie auch. Und wie!
Dorine ist eine der Gästeführerinnen, die Besucher durch das Pays de la Sagouine begleitet. Aber sie ist noch viel mehr: Die ehemalige Lehrerin hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, den Menschen aus New Brunswick und den Besuchern aus aller Welt klarzumachen, dass Akadien noch sehr lebendig ist. Und sie hat recht! Dorine verkörpert eine akadische Wäscherin, wie es die Hauptperson in dem Stück von Antonine Maillet über La Sagouine ist. Als solche hat sie es sogar schon ins landesweite Fernsehen geschafft und konnte nicht glauben, wie viele Menschen sie dort wieder erkannten. „Das Telefon klingelte tagelang, als ich nach Hause kam“, kichert sie. „Und mein Mann meinte nur: Was hast Du nur jetzt wieder angestellt?“

In die Welt der Akadier eintauchen – Kultur, Sprache und Lebensart
Antonine Maillets Buch hat viel zur akadischen Renaissance in New Brunswick beigetragen. Die Charaktere darin sind aus dem Leben gegriffen. Da geht es um Geschichtenerzähler, Alkoholschmuggler, Seeleute, Entertainer, zankende Nachbarn, lustige Charaktere und natürlich um La Sagouine, die Wäscherin. Deren Leben – oder genauer gesagt, das Leben der Akadier – ist Thema in Le Pays de la Sagouine. Dabei handelt es sich weder um ein Museum, noch um ein Theater im engeren Sinne. Aber irgendwie hat es etwas von Beidem, denn dort lebt der Geist Akadiens wieder auf in der Musik, in den Küchenparties, auf der Bühne, beim Tanz oder in den restaurierten Gebäuden. In denen zeigt man, wie die Akadier bis vor wenigen Jahrzehnten noch in New Brunswick lebten.



Wo liegt das Kulturzentrum in Kanada?
Seit man Le Pays de la Sagouine im Jahr 1992 auf der Île-aux-Puces vor Bouctouche in New Brunswick errichtete, hat es bereits mehr als eineinhalb Millionen Besucher willkommen geheißen. Man hat auf der kleinen Insel vor der Küste ein authentisches akadisches Fischerdorf aus der Zeit der Prohibition errichtet. Darin hat man die Charaktere aus Maillets Buch zum Leben erweckt.
Mit Musik, Theater, Tanz, dem einfachen Essen der Akadier und den Personen, die die Geschichten Maillets lebendig werden lassen, wird uns ein Bild Akadiens geliefert. So haben wir das Gefühl, mittendrin zu sein im Leben der Menschen in dieser Region New Brunswicks. „Wir leben hier in Bouctouche in einem Gebiet, in dem die Menschen Frenglisch sprechen“, lacht Dorine. „Hier überlegt man nicht lang. Fällt einem ein Wort in der einen Sprache nicht ein, nimmt man einfach eines aus der anderen. Englisch und Französisch werden wild gemischt. Da kann es schon mal vorkommen, dass in einem Satz mehrmals die Sprache gewechselt wird, ohne dass man es merkt.“


Die Akadier sind stolz auf ihre Tradition
Dorine erzählt uns, wie Antonine Maillets Buch das akadische Selbstbewusstsein stärkte, als es sich zu einem Bestseller entwickelte. Sie berichtet davon, wie die Akadier New Brunswicks die Autorin verehren, die damit soviel für ihre Identität als Volksgruppe getan hat.
Sie führt uns hinunter auf die kleine Insel, „die uns der Bürgermeister von Bouctouche zur Verfügung gestellt hat für unser Projekt.“
Darauf stehen heute rekonstruierte Häuser der Akadier, die zeigen, wie einfach das Leben in einem akadischen Dorf vor nur wenigen Jahrzehnten war. „Wir waren benachteiligt, weil wir keine höhere Schulbildung kannten. Erst spät erhielten wir dieselben Möglichkeiten wie die englischsprechenden Einwohner unserer Provinz.“
Akadier lebten oft von dem, was sie selbst anbauten: Kartoffeln, Fisch, den sie vor der Küste fingen, und Schweine, die sie im Stall hielten. Davon mussten sie leben, weil sie oft nicht genug verdienten, um sich andere Nahrungsmittel zu kaufen.


Kulinarische Spezialitäten der Akadier entdecken
Stolz erklärt uns Dorine die Speisen, die das L’Ordre du Bon Temps Restaurant serviert. Kartoffelpuffer, ein Kartoffelauflauf mit Speck, ein Fischeintopf sowie als Nachspeise eine Art Rosinenbrötchen. „Wir hatten wenig, machten aber das Beste daraus.“ Dasselbe gilt auch für alkoholische Getränke. „Was wir uns nicht leisten konnten, brannten wir selbst.“ Bei „Le Bootleggeux“, der Kneipe auf der Insel, lässt sie uns den Selbstgebrannten probieren, der noch zu ihrer Zeit hergestellt wurde. Mild und warm rinnt der Schnaps unsere Kehlen hinunter. „Seht Ihr! Man kann auch mit wenig etwas Gutes herstellen“, meint sie verschmitzt.





Berühmte Besucher im Pays de la Sagouine
Nach unserem gemeinsamen Mittagessen wird Dorine immer unruhiger. „In einer Stunde kommt er“, sagt sie. Dabei tritt sie nervös von einem Bein aufs andere. „Der Premierminister hat für heute seinen Besuch angekündigt. Morgen ist akadischer Nationalfeiertag! Da kommt er gern bei uns vorbei. Und er muss wieder tanzen! Und mit den Holzlöffeln den Takt dazu schlagen. Das kann er inzwischen ganz gut.“ Dorine lacht, und ich glaube der resoluten kleinen Akadierin gern, dass sie sogar das Provinzoberhaupt herumkommandiert. Genauso wie sie es mit den anderen Charakteren im Pays de la Sagouine und mit uns getan hat.

Weitere Informationen:
Pays de la Sagouine
57, rue Acadie
Bouctouche, (N.-B.)
E4S 2T7
Canada
Reiseorganisation:
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Anreise ins Le Pays de la Sagouine:
Air Canada, Condor sowie Icelandair fliegen von Deutschland aus verschiedene Flughäfen im Osten Kanadas an.
Mietwagen:
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Hotels nahe Le Pays de la Sagouine:
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Quelle: eigene Recherchen vor Ort. Wir bedanken uns auf jeden Fall bei Tourism New Brunswick für die freundliche Unterstützung bei dieser Reise. Unsere Meinung bleibt jedoch wie immer unsere eigene.
Text: © Copyright Monika Fuchs sowie TravelWorldOnline
Fotos © Copyright MonikaFuchs sowie TravelWorldOnline