Indiskrete Fragen zum Reisen stellte mir Elke Weiler. Elke von Meerblog schreibt wunderbare Geschichten über das Reisen und das Leben an sich, die ich immer wieder gerne lese. Sie entführen in die Regionen und kleinen Orte, in denen sie gerade unterwegs ist – und diese befinden sich meistens im Norden, ein weiteres Plus, das mich immer wieder auf ihr Reiseblog zurückkehren lässt. Auch wenn ihre Orte im nördlichen Europa liegen. Aber es gibt ja schließlich noch andere Reiseziele als Amerika auf der Welt, die ebenfalls verlockend sind.
Sie hat mir elf (leicht) indiskrete Fragen zum Reisen gestellt, die ich sehr gerne beantworte, geben sie mir doch die Gelegenheit, einmal intensiver darüber nachzudenken, und weil sie so wunderbar zu meinen Reisezielen USA und Kanada passen, über die ich hier ja schreibe.
1. Gibt es einen Ort, der dich über die Maßen beeindruckt hat in deinem bisherigen Reiseleben?
Oh ja, allerdings. Eigentlich sind das zwei Orte: die Insel Kodiak Island und Katmai auf dem gegenüberliegenden Festland in Alaska. Ich war dort mehrmals zum Bären beobachten, und es ist schon etwas ganz Besonderes, wenn die großen Kodiakbären nur wenige Schritte von dir entfernt durchs hohe Gras streifen oder über einen reißenden Bach direkt auf dich zukommen. Intensiver kann man die Tierwelt und die Natur Alaskas nicht erleben.
2. An welchen Ort möchtest du auf keinen Fall zurück, weil du ein sehr unangenehmes Erlebnis mit ihm verbindest?
Ein unangenehmes Erlebnis? Und so unangenehm, dass ich nicht mehr dorthin zurück möchte? Bisher habe ich den Ort noch nicht gefunden. Nirgendwo auf der Welt. Ein Ort, den ich meiden würde, wenn es ginge? Nun ja, vielleicht die lange Zufahrt über verwirrende Straßensysteme hinein nach New York. Ich weiß, dass es dort kaum anders geht, bei immerhin fast 8,5 Millionen Einwohnern müssen die Menschenströme irgendwie geregelt werden. Aber muss das gleich so kompliziert sein? Irgendwie beschleicht mich bei der Einfahrt nach New York immer das Gefühl des Verlorenseins und ich stelle mir insgeheim die Frage „Bin ich hier richtig?“. Trotzdem komme ich schließlich immer wieder dort an, wohin ich eigentlich möchte und jedesmal mit dem Gefühl, etwas eigentlich Unmögliches geschafft zu haben.
3. Welches war die lustigste, peinlichste oder gefährlichste Situation auf einer deiner Reisen? (Gerne mit Beweisfoto!)
Für die Beantwortung dieser Frage muss ich auf einen anderen Kontinent ausweichen, denn diese Situation spielte sich in Afrika ab, genauer gesagt in Südafrika im Krüger National Park. Zu einer Zeit, als ich noch Reisegruppen mit dem Bus durch das Land führte, waren wir auf einer der Safaris, die ich so liebe. Nun ist es im Krüger Park so, dass dort die Tore der Camps zu genau festgelegten Zeiten schließen, und man sieht besser zu, rechtzeitig drin zu sein, will man nicht draußen bleiben. Wir befanden uns noch etwa zehn Minuten von unserem Gate entfernt, genau die Zeit, die wir benötigten, um dieses vor Torschluss zu erreichen, als uns ein kapitaler Elefantenbulle den Weg blockierte.
Und dieser war wütend! So wütend, dass er voller Aggression auf unseren Bus zustürmte – frontal auf mich zu, die ich hinter der großen Windschutzscheibe des Busses saß. Vor Schrecken starr sah ich den Elefantenbullen immer näher kommen, und erst im letzten Moment dreht er ab und startet einen neuen Angriff von der Seite. Gottseidank hatte ich einen Fahrer, der geistesgegenwärtig die Chance nutzte und dem aggressiven Tier auf der nun freien Straße auswich und – viel zu schnell – doch noch die schützenden Tore des Camps erreichte. Und Beweisfoto? Das ist nicht besonders gut, weil mir der Schreck in den Gliedern saß.
4. Welche Maßnahme wirkt auf Reisen völkerverbindend, wenn du die Sprache nicht sprichst?
Diese Frage lässt sich sehr einfach beantworten: Lächeln. Es gibt wohl keine Geste und kein Verhalten, das kulturübergreifend so gut verstanden wird wie ein Lächeln. Egal, ob man einen kleinen Zulu-Jungen in den Drakensbergen Südafrikas, einen alten Aboriginee im Outback Australiens oder ein stoisches Inuit-Mädchen an der Beaufort Sea im hohen Norden Kanadas anlächelt – sie lächeln irgendwann unweigerlich zurück, und das Eis ist gebrochen. Danach ist die Verständigung – auch ohne Worte – viel einfacher.
5. Hast du dich auf einer Reise schon einmal verliebt? (Egal, ob in einen Fremden, in betörende Farben oder das Meer.)
Ja, ganz eindeutig und sehr überraschend in Kanada. Eigentlich wollte ich dort gar nicht hin. Mein Traumland waren schon im Alter von fünf Jahren die USA. Damals träumte ich von Indianern und Cowboys und wollte unbedingt einmal so leben wie sie. Nach meinem Studium bot sich mir die Gelegenheit, ein Forschungsjahr in Nordamerika zu verbringen – allerdings in Kanada. Von diesem Land hatte ich damals keine Ahnung. Meine Vorstellung von diesem Land beschränkte sich auf Wald, viel Wald. Und das war’s schon. Es dauerte jedoch nicht lange, bis mich seine herzlichen Menschen und seine vielfältige Landschaft in ihren Bann zogen. Und wie Ihr sicher alle wisst, hat mich diese Faszination bis heute nicht losgelassen.
6. Welche Stadt ist für dich die romantischste der Welt? But why?
Auch da habe ich eine eindeutige Antwort: für mich ist Quebec City die romantischste Stadt der Welt mit ihren holprigen Kopfsteinpflastergassen, den kleinen Plätzen, um die sich die gepflegten und liebevoll restaurierten Häuser gruppieren, die Besucher in vergangene Zeiten transportieren. Mit ihren vielen versteckten Ecken, die immer wieder neue Nostalgie wecken, den Pferdekutschen, die durch die Altstadt fahren, mit den Cafés, die zur romantischen Zweisamkeit einladen und den gemütlichen Restaurants, in denen Mädchen in hübschen Trachten gute Weine und schmackhaftes Essen auftragen, lässt sich gut eine unvergessliche Zeit zu Zweit verbringen.
7. Reizen dich abenteuerliche Orte, die nur auf schwierigem Wege zu erreichen sind?
Diese Frage trifft einen Nerv bei mir, denn ja, das tun sie. Sie ziehen mich quasi magisch an. Je abgelegener Orte sind, je einsamer und je schwieriger diese zu erreichen sind, umso mehr reizen sie mich. Ich habe im Laufe meines Reiselebens einige davon gesehen, aber die wohl entlegensten Orte, die ich bisher besucht habe, waren die Bärenregionen in Alaska auf den Aleuten und Orte am kanadischen Eismeer wie die kleine Inuitsiedlung Tuktoyaktuk oder die ehemalige Walfängersiedlung auf Herschel Island in der Beaufort Sea.
Überhaupt die Arktis! Das ist eine Ecke der Welt, die mich ständig lockt! Die unendlichen Weiten der Tundra, die jahrhundertealten verkrüppelten Bäumchen der Taiga und vor allem die unendliche Stille, die in diesen Breiten herrscht, ist etwas, das mich nicht mehr los lässt. Und da stört es mich nicht, dass ich, um dort hinzukommen, mit allen möglichen Hindernissen konfrontiert werde – seien es witterungsbedingte Behinderungen, miserable Straßen oder einfach die Umstände, die das Leben in diesen Regionen so mit sich bringt. Das gehört dort einfach dazu und erhöht für mich noch den Reiz dieser Orte. Erreicht man das Ziel, fühlt man sich, als ob man die ganze Welt besiegt hätte.
8. Hast du schon einmal eine Nacht in einer Hängematte verbracht oder möchtest du das gerne – inmitten der Wildnis?
In einer Hängematte habe ich zwar bisher noch nicht geschlafen, und, ehrlich gestanden, lockt mich das auch nicht besonders. Ich schlafe lieber auf ebener Fläche. Aber eine Nacht unter dem Sternenhimmel verbracht habe ich schon öfter. Die schönste davon war im Nirgendwo der Halbwüstenregionen im Osten Oregons. Wir waren auf einem Campingplatz, dessen Namen und Ort ich heute vergessen habe, an einem der seltenen Seen in dieser Gegend, und weil dort weit und breit keine größere Stadt oder menschliche Ansiedlung zu finden ist, leuchteten die Sterne der Milchstraße in ihrer vollen Pracht vom nachtblauen Himmel.
Während meine Begleiter sich um ihr nächtliches Lagerfeuer versammelten, schnappte ich mir meinen Schlafsack und zog mich zurück ans Ufer dieses Sees, wo ich fast die ganze Nacht damit verbrachte, mir das Schauspiel der Sterne über mir anzusehen. Geschlafen habe ich nicht viel, aber diese Nacht ist mir unauslöschlich im Gedächtnis geblieben.
9. Wie flexibel bist du? Könntest du dich – für die Dauer von einigen Wochen oder gar Monaten – auf kulturelle Gepflogenheiten einlassen, die sich komplett von deinen unterscheiden?
Ja, das kann ich – genauer gesagt, habe ich das sogar schon einmal getan, und zwar für ein ganzes Jahr. Weiter oben habe ich ja schon kurz mein Forschungsjahr in Kanada angesprochen. Dieses hat mich zu den Shuswap Indianern in British Columbia geführt, mit denen ich ein Jahr lang gelebt und gearbeitet habe. Damit habe ich mir einen Kindheitstraum erfült – einmal zu leben wie die Indianer, nur dass es in diesem Fall kanadische waren und nicht amerikanische. Dieses Jahr in einer anderen Kultur hat mich für mein Leben geprägt. Sensibilisierte es mich doch für Lebensweisen und Denkweisen, die sich von unserer unterscheiden. Es hat mich toleranter gemacht und offener für Fremdes. Und es hat mich neugierig gemacht auf den Rest der Welt. Diese Neugierde lege ich wohl mein Leben lang nicht mehr ab, denn sie bestimmt seither mein Dasein.
10. Würdest du auf Reisen auch typische Gerichte probieren, die du normalerweise nie essen würdest? (Z.B. Meerschweinchen in Peru.)
Nun, dies gehört ja eigentlich dazu, wenn man sich auf kulturelle Gepflogenheiten einlässt, die sich von den eigenen unterscheiden, oder? Und auch hier kann ich sagen, dass ich einiges probiert habe, das mich Überwindung kostete. Das Extremste waren sicherlich die gerösteten Heuschrecken, die auf einem Markt in Puebla in Mexiko angeboten wurden. Da heißt es nur, Augen zu und durch. Aber meine Devise ist, wenn die Menschen dort es essen können, dann kann ich das auch. Das heißt allerdings nicht, dass das dann zu meiner Standardverpflegung auf Reisen wird.
Aber probieren will ich die regionalen Spezialitäten schon. Nur bei sehr fettreichen Gerichten bin ich lieber vorsichtig. Denn Reisen bringt ja immer auch andere Bedingungen mit sich, und für die sollte man möglichst fit und gesund sein. Um die üblichen Reisekrankheiten zu vermeiden, verzichte ich dann lieber auf zu viel Fett, ungewaschenen Salat oder Obst und halte mich eher an gekochte und gebratene Kost.
11. Und last but not least – das muss ich als Meerbloggerin fragen: Hast du ein Lieblingsmeer?
Auch dafür gibt’s ein uneingeschränktes JA. Sobald Eis im Meer schwimmt, gefällt mir das besonders gut. Ich mag Wasser an sich, egal ob es ein Fluss, ein See oder das Meer ist. Gib aber ein paar Eisberge oder Eisschollen dazu, dann schmelze ich dahin. Die rauen Meere der Arktis (oder der Antarktis, die ich bisher noch nicht gesehen habe) sind es, die mich am meisten locken. Das hat wohl auch etwas mit der schwierigen Erreichbarkeit, der Einsamkeit und der Weite zu tun, die diese Meere an sich haben. Und dem Gefühl, etwas erreicht zu haben, wenn man schließlich dort ist.
Natürlich tut die landschaftliche Schönheit dieser Meere ihr Eigenes dazu, dass mich diese Ozeane am meisten anziehen: die Kombination von Eis in allen möglichen Formen, tiefblauem Wasser und kargen Ufern hat ihren ganz besonderen Reiz, der mir diese Meere besonders ans Herz wachsen lässt. Und davon gibt es noch viele zu entdecken. Packen wir’s an! Die indiskreten Fragen zum Reisen von Elke habe ich sehr gern beantwortet, und ich hoffe, meine Antworten machen Euch genauso viel Spaß beim Lesen, wie es mir Spaß gemacht hat, sie zu schreiben. Wie das bei Blogstöckchen (so nennt man diese Art von Kettenblogposts) üblich ist, stelle ich elf weitere (neugierige) Fragen an andere Reiseblogger-Kollegen:
Das möchte ich von Euch wissen:
1. Was lockt Dich, immer wieder zu reisen?
2. Welche Länder, Regionen oder Städte reizen Dich am meisten und warum?
3. Gibt es eine besondere Sache, die Du auf Deinen Reisen unbedingt erleben willst, und wenn ja, welche?
4. Welche Menschen, denen Du auf Deinen Reisen begegnet bist, wirst Du nie im Leben vergessen und warum?
5. Was war das größte Abenteuer, das Du bisher auf Deinen Reisen erlebt hast?
6. Was würdest Du auf Deinen Reisen nie machen und warum?
7. Was war das außergewöhnlichste Mittel zur Fortbewegung, mit dem Du bisher auf Reisen warst?
8. Welche Völker und Kulturen, die Du auf Deinen Reisen kennengelernt hast, haben Dich am meisten beeindruckt und warum?
9. Was war Dein schönstes Naturerlebnis auf Reisen?
10. Welches war die brenzligste/schwierigste Situation, in die Du auf Deinen Reisen geraten bist? Und wie hast Du sie gemeistert?
11. Kannst Du Dir vorstellen, einmal nicht mehr zu reisen und warum?
Und los geht’s! Ich bin schon gespannt auf Eure Antworten. Beantwortet die Fragen bitte in einem Post auf Eurem Blog und teilt Eure Blogposts mit unseren Lesern in den Kommentaren zu diesem Post. Wir freuen uns darauf.