Wann immer wir in Neuengland unterwegs sind, geistern Bilder von den Green Mountain Villages mit ihren spitzen Kirchtürmen, die über einer weiß gestrichenen Kirche im Zentrum aufragen, mit einem gemütlichen Inn auf der anderen Straßenseite und einer überdachten Brücke, die in den Ort hinein führt, durch unsere Köpfe. Irgendwie stehen diese Klischees für unser Bild von Neuengland. So klischeehaft sind diese Vorstellungen allerdings gar nicht, denn es gibt sie tatsächlich. Besonders hübsche Dörfer haben wir bei unserer Fahrt durch die Green Mountain Villages in Vermont im vergangenen Jahr entdeckt. Schon die Green Mountain Villages in der Umgebung von Manchester – und Manchester selbst – entsprechen diesem Bild, nur dass hier Tankstellen und billige Motels am Ortsrand zum Highway 7 hin den Gesamteindruck etwas stören.
Grafton, eines der Green Mountain Villages, die typisch für Neuengland sind
Ganz anders ist das in Grafton, einem kleinen Dorf, das versteckt in den Hügeln der Green Mountains liegt. Wir fahren von Manchester aus hin. Unser Navigationsgerät führt uns zunächst auf ständig schmaler werdende Straßen, auf denen uns immer weniger Autos begegnen. Der Weg führt durch dichten Wald hinauf in die Höhen der Green Mountains, und unterwegs sehen wir kaum Anzeichen menschlicher Aktivitäten. Vielleicht liegt es an dem unwegsamen Gelände, durch das wir fahren: in den schmalen Tälern, durch die wir kommen, ist kein Platz, um Ackerbau zu betreiben, und die Berghänge erheben sich steil direkt neben der Straße – eine Landschaft, die selbst erklärt, warum sich hier so wenige Menschen niedergelassen haben.
Die Dörfer liegen abseits der Hauptrouten
Dann weist uns das Navi an, auf eine Schotterstraße abzubiegen und wir beginnen zu zweifeln, ob wir noch auf dem richtigen Weg sind. Ein Blick in die Karte jedoch scheint dies zu bestätigen. Also fahren wir weiter! Nach wenigen Meilen verschwindet der Schotter von der Straße und unser Auto rollt auf einer glitschigen Lehmstraße dahin, hat es doch angefangen zu regnen. „Danach ist sicher Auto Waschen angesagt,“ denke ich bei mir und bin noch immer skeptisch, ob dies der richtige Weg ist. Bedenken habe ich auch, weil uns schon lange kein anderes Auto mehr entgegen gekommen ist.
Aber plötzlich tauchen Zäune entlang der Straße auf, und ein unscheinbares Schild weist den Weg nach Grafton. Also sind wir doch richtig,! Und tatsächlich, nach einem letzten steilen Straßenabschnitt mündet die Lehmstraße mitten im Dorfzentrum von Grafton: direkt neben uns steht die – weiß gestrichene – Dorfkirche mit ihrem Kirchturm, gegenüber lädt die lang gestreckte Veranda mit ihren Schaukelstühlen zu einer gemütlichen Rast ein, und, wenn es hier auch nicht direkt im Ort eine überdachte Brücke gibt, so hat freundlicherweise einer der Hausbesitzer seine Garage ganz im Stil der Covered Bridges von Neuengland erbaut.
Es regnet, und daher tut sich nicht viel im Ort. Ab und zu fährt mal ein Auto vor der Post vor, und die Hausfrauen verschwinden schnell im Gebäude, um dem stärker werdenden Regen zu entgehen. Wir machen einen kurzen Rundgang durch den Ort und landen in der Eatery, so was wie dem Dorf Cafe. Dort sitzen ein paar Männer in Arbeitskleidung am Tisch und schauen uns überrascht an. Ein Fremder fällt hier sofort auf. Und bei Regen erwartet man die offenbar schon gar nicht. Sie lassen sich in ihrer Unterhaltung von uns nicht stören und erzählen weiter von den Ereignissen, die die Menschen im Dorf bewegen: da geht’s um den Nachbarn, dessen Tochter gerade geheiratet hat und um den Zaun, den ein anderer im Moment errichten lassen will. Dorftratsch, passend für einen Ort wie diesen. Irgendwie gehen die Uhren hier langsamer, und das Leben läuft seinen ruhigen Gang.
Woodstock, Vermont – Paradeort der Green Mountains
Da der Regen nicht nachlässt, fahren wir ein paar Meilen weiter nach Woodstock. Und kaum verlassen wir Grafton, taucht tatsächlich die erste überdachte Brücke neben der Straße auf. Unser Klischee hat sich damit erfüllt.
Noch besser ist das in Woodstock der Fall. Als Dorf würde ich diesen Ort zwar nicht mehr bezeichnen. Dafür ist er zu groß. Und mit seiner Main Street, an der sich Geschäfte und Restaurants aneinander reihen, passt er nicht ganz ins Bild. Allerdings besitzt Woodstock einen hübschen kleinen Stadtpark, um den sich die Hauptstraße teilt. Um diesen gruppieren sich gepflegte Villen in den unterschiedlichsten Baustilen: prächtige Häuser im Palladium-Stil ebenso wie rote Ziegelbauten mit weißen Holzfenstern. Und natürlich gibt es auch hier ein Inn, das von einem größeren Garten mit weiß gestrichenem Zaun umgeben ist. Hinter dichten Ahornbäumen sehen wir die Turmspitze der weißen Dorfkirche und auf der anderen Seite des Parks führt eine überdachte Holzbrücke über den Ottauquechee River, über die laut rumpelnd die Autos in den Ort herein fahren.
Wer den – sehr empfehlenswerten – Abstecher nach Grafton vermeiden will, findet auch in Woodstock das, was die Green Mountain Villages Neuenglands ausmacht und muss dafür nicht über die schmalen Bergstraßen fahren. Woodstock liegt am Highway 4, der das Tal des Connecticut River mit der Route westlich der Green Mountains, dem Highway 7, verbindet.
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Quelle: Recherchen vor Ort mit Unterstützung von Tourism Vermont und Discover New England
Text: © Copyright Monika Fuchs, TravelWorldOnline
Fotos © Copyright Monika Fuchs, TravelWorldOnline
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