Sainte-Marie among the Hurons
In Midland gibt es das Museumsdorf Sainte-Marie among the Hurons, in dem das Leben der Irokesen Indianer und Jesuiten zu Beginn der Besiedlung Ontarios anschaulich gezeigt wird. Es stand schon lange auf der Wunschliste unserer Reiseziele. Einmal, weil wir sehr an der indianischen Kultur und der Kolonialgeschichte Kanadas interessiert sind. Zum anderen, weil uns die Region um den Lake Huron bis dahin unbekannt war. Deswegen machten wir uns vor ein paar Jahren auf zu einer Rundfahrt um den Ostteil dieses Sees. In Sainte-Marie among the Hurons etwas außerhalb von Midland hat man ein Missionsdorf der Jesuiten originalgetreu rekonstruiert. Dieses gibt einen sehr guten Einblick in das Leben der französischen Missionare am Rande der Wildnis. Außerdem zeigt es, wie das Zusammenleben mit den Indianern am Südufer der Georgian Bay einst funktionierte.

Der Indianerstamm der Huron Wendat in Ontario
In der Region des heutigen Midland lebte einst der Indianerstamm der Huron Wendat. Sie bezeichnen ihre Heimat als Wendake, „das Land, das sich von anderen unterscheidet“. Die Huron Wendat lebten hauptsächlich vom Ackerbau und Handel. Im 17. Jahrhundert gelangten schließlich die Jesuitenmissionare in diese Region am Südufer des Lake Huron. Frauen spielten bei den Huronen eine große Rolle. Schließlich war der Stamm matrilinear organisiert. Das heißt, die Familienzugehörigkeit der Kinder verlief in der mütterlichen Linie. Männer heirateten auf jeden Fall in die Familie der Frauen ein. Damit verließen sie im Falle einer Heirat ihre eigene Familie.

Die Jesuiten in Sainte-Marie among the Hurons, Ontario

Die Jesuiten im Indianerland
1200 Kilometer entfernt von Neufrankreichs Hauptstadt Quebecs wagten die Jesuiten schließlich ihr Abenteuer. Sie errichteten ein Palisadendorf mitten im Indianerland. Zehn Jahre lang bekehrten sie die Mitglieder der Huron Wendat zum christlichen Glauben. Gleichzeitig lebten sie mit ihnen in einer Gemeinschaft, die sich selbst versorgen konnte. Jagd, Fischfang und der Anbau von landwirtschaftlichen Produkten lieferten die Dinge, die fürs Überleben notwendig waren. Eine beachtliche Leistung bedenkt man die Entfernung zu den übrigen europäischen Siedlungen in Neufrankreich.
Ab 1649 nahmen die Angriffe anderer Irokesenstämme jedoch immer mehr zu. Schließlich waren die Jesuiten und ihre Anhänger unter den Huronen gezwungen, ihre Siedlung aufzugeben. Nach zehn Jahren erfolgreichen Zusammenlebens brannten sie ihr Dorf nieder. Stattdessen versuchten sie, ihre Gemeinschaft auf St. Joseph Island wieder neu zu etablieren. Allerdings ohne Erfolg, ließ die Aggression der Irokesen doch nicht nach. Danach zogen sich die Missionare zusammen mit ihren indianischen Anhängern zurück in die Region um Quebec. Die Wendake lebten zunächst auf der Insel Ile d’Orléans vor den Toren Quebecs. Auch dort jedoch ließen sie die Irokesen nicht in Ruhe. Sie gründeten daraufhin Loretteville oder Wendake nördlich von Quebec, wo sie bis heute leben.

Warum ein Besuch im Museum Sainte-Marie among the Hurons lohnt
Wir verbrachten fast einen ganzen Tag im Museumsdorf Sainte-Marie among the Hurons. Das Museumsdorf überzeugte uns mit seiner authentischen Rekonstruktion des Lebens im 17. Jahrhunderts. In der Küche hängen selbst angebaute Kräuter an der Decke. Kürbisse, Bohnen und Mais von den Beeten im Dorfgarten machen Besuchern noch heute den Mund wässrig. Diese schmeckten einst sicher hervorragend zu den Hühnern und Schweinen, die dort gezüchtet wurden.
Verzichten mussten die Missionare und ihre indianischen Freunde auf nichts. Wenn da nicht die ständige Bedrohung durch die feindlich gesinnten Nachbarn unter den Irokesenstämmen gewesen wäre, hätten sie ein wunderbares Leben geführt. Man spürt jedoch die Angst vor den Angriffen, die unter den Bewohnern des Dorfes geherrscht hat. Ich kann gut nachvollziehen, wie hart das Leben von Missionaren und ihren indianischen Konvertiten gewesen sein muss.

Fazit: Ein faszinierender Einblick in Sainte-Marie among the Hurons
Sainte-Marie among the Hurons ist weit mehr als nur eine historische Stätte – es ist eine Reise zurück in die Zeit des 17. Jahrhunderts, als Jesuiten und Huronen versuchten, gemeinsam zu leben, trotz aller kulturellen Unterschiede und Herausforderungen. Während du durch die originalgetreu rekonstruierte Missionssiedlung spazierst, bekommst du einen Eindruck davon, wie das tägliche Leben damals aussah – vom einfachen Holzhaus der Missionare bis hin zu den beeindruckenden Palisaden, die Schutz vor Angriffen boten.
Besonders spannend ist, wie hier Geschichte lebendig wird: Feuer knistern in den Hütten, Darsteller in historischen Gewändern erzählen von den Begegnungen zwischen den Europäern und den Ureinwohnern, und du kannst hautnah erleben, wie Handwerk und Landwirtschaft in jener Zeit funktionierten. Diese einzigartige Mischung aus historischer Rekonstruktion und interaktiven Erlebnissen macht Sainte-Marie among the Hurons zu einem absoluten Muss für alle, die sich für Kanadas frühe Geschichte interessieren.
Weitere Informationen:
Fragen und Antworten
Was ist Sainte-Marie among the Hurons und warum ist es historisch so bedeutend?
Sainte-Marie among the Hurons war die erste europäische Siedlung in Ontario und diente im 17. Jahrhundert als Missionsstation der Jesuiten. Hier lebten sie gemeinsam mit den Huronen, einem indigenen Volk, das bereits seit Jahrhunderten in der Region ansässig war. Die Missionare wollten das Christentum verbreiten, stießen dabei aber auf große Herausforderungen – nicht nur wegen kultureller Unterschiede, sondern auch aufgrund von Konflikten mit feindlichen Stämmen und Krankheiten, die von den Europäern eingeschleppt wurden. Heute ist Sainte-Marie among the Hurons eine detailgetreue Rekonstruktion der einstigen Siedlung, die dir einen faszinierenden Einblick in das Leben jener Zeit bietet.
Wo liegt Sainte-Marie among the Hurons und wie komme ich dort hin?
Die historische Stätte befindet sich in Midland, Ontario, direkt am südlichen Ufer der Georgian Bay. Von Toronto aus erreichst du sie in etwa zwei Stunden mit dem Auto – eine perfekte Gelegenheit für einen spannenden Tagesausflug. Alternativ kannst du auch mit dem Bus oder im Rahmen einer geführten Tour anreisen. Die Lage direkt am Highway 12 macht die Anreise besonders einfach. Wenn du mit dem Wohnmobil unterwegs bist, gibt es in der Umgebung mehrere Campingplätze, die sich hervorragend als Ausgangspunkt für deine Erkundung eignen.
Was kann ich in Sainte-Marie among the Hurons erleben?
Hier kannst du Geschichte hautnah erleben! Beim Rundgang durch die rekonstruierten Gebäude entdeckst du Wohnhäuser, eine Kirche, Werkstätten und sogar eine Palisade, die die Mission einst vor Angriffen schützte. Besonders spannend sind die Live-Demonstrationen: Historische Darsteller zeigen dir, wie Schmiede damals arbeiteten, wie traditionelle Gerichte zubereitet wurden oder welche Handelswaren zwischen den Jesuiten und den Huronen ausgetauscht wurden. An manchen Tagen gibt es auch interaktive Programme, bei denen du selbst Hand anlegen kannst – ob beim Feuermachen, beim Weben oder sogar beim Bogenschießen.
Wann ist die beste Reisezeit für einen Besuch in Sainte-Marie among the Hurons?
Das kommt ganz darauf an, was du erleben möchtest! In den Sommermonaten ist die Stätte am lebendigsten, denn dann finden die meisten Vorführungen und Veranstaltungen statt. Besonders zur Thanksgiving-Zeit im Oktober gibt es beeindruckende Feste mit traditionellem Essen und Musik. Im Winter hingegen kannst du eine ganz andere Atmosphäre genießen, wenn Sainte-Marie among the Hurons unter einer Schneedecke liegt und du dich wie in einer Szene aus einem historischen Roman fühlst.
Lohnt sich Sainte-Marie among the Hurons auch für Familien mit Kindern?
Absolut! Für Kinder ist es eine tolle Gelegenheit, Geschichte nicht nur zu hören, sondern wirklich zu erleben. Die interaktiven Programme, die spannenden Erzählungen und die Möglichkeit, alte Handwerkskünste selbst auszuprobieren, machen den Besuch auch für junge Entdecker aufregend. Außerdem gibt es vor Ort ein kleines Café und ein Besucherzentrum mit familienfreundlichen Angeboten. Wenn du mit deinen Kindern reist, plane am besten ein paar Stunden ein, damit ihr genug Zeit habt, um alles in Ruhe zu erkunden.
Reiseorganisation:
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Anreise:
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Hotels:
Für einen Besuch in Sainte-Marie among the Hurons übernachtet man am besten in Midland und Umgebung*. Hotels und Motels zum online buchen gibt’s schließlich unter dem Link.
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Quelle: eigene Recherchen vor Ort (diese Reise haben wir selbst finanziert)
Text: © Copyright Monika Fuchs sowie TravelWorldOnline
Fotos: © Copyright Monika Fuchs sowie TravelWorldOnline
Video: © Copyright Petar Fuchs sowie TravelWorldOnline
Die matriarchale Familienform der First Nations habe ich auch bei unseren Besuchen an der kandischen Westküste kennengelernt. Es ist sehr interessant, mit den modernen First Nations darüber zu sprechen, wie sie Familie verstehen. Da geht es immer noch mehr um Grossfamilien, Clans. Ich finde das sehr faszinierend.
Das ist richtig, Sabine. Bei den Irokesen hatten die Frauen das Sagen. Ihre Gesellschaftsform hatte sogar Einfluss auf europäische Gesellschaftsformen. Einen kurzen Überblick dazu gibt’s in diesem Artikel.
Wir sind grundsätzlich kein so großer Fan von Museums“dörfern“, aber euer Bericht klingt sehr interessant!
Kanadische Museumsdörfer sind „Living History Museums“, in denen die Geschichte lebendig wird. Genau das ist es, was uns dort so gefällt. Es gibt kein Dozieren und keine Schaukästen, dafür kann man eintauchen in vergangene Zeiten.