Slow Traveler, und die Kunst des langsam Reisens
Der Begriff des Slow Travel, des „Langsam Reisens“, steht für einen Trend, dem immer mehr Reisende bei ihrer Urlaubsplanung folgen. Vorbei ist für sie die Zeit, in der sie die Highlights eines Landes abklappern, auf ihrer To-do-Liste abhaken und anschließend zu Hause erzählen, sie „kennen“ ein Land. Deutschland in drei Tagen, Amerika in zwei Wochen oder die ganze Welt in drei Monaten – so etwas hinterlässt ein schales Gefühl, ein Unbefriedigt-Sein, das Wissen, etwas verpasst zu haben. Die Frage „What is Slow Travel?“ wird uns auf unseren Reisen immer wieder gestellt. Hier findest Du die Antwort darauf.
Gut, man hat Orte gesehen, die man zu Hause aus zahlreichen Fotos, von unendlich vielen Fernseh-Dokus, aus Reiseführern oder von Erzählungen von viel reisenden Bekannten kennt. Irgendwie bleibt jedoch immer die Frage nach dem, was sich hinter der Fassade verbirgt. Gibt es noch etwas hinter der nächsten Ecke zu entdecken? Was treibt die Menschen an, denen man begegnet? What is Slow Travel? Dies hören wir immer wieder. Das ist eine Frage, die sich viele immer häufiger stellen. Langsam Reisen hilft. Das Schöne daran ist, dass die gleichzeitig nachhaltiges Reisen ist.
What is Slow Travel?
Die Frage „What is Slow Travel?“ hören wir immer wieder auf unseren Reisen. Man kehrt zurück zur „Grand Tour“, zu Reisen, die um des Entdeckens willen gemacht wurden. Reisen um des Reisens willen – nicht wegen des Ankommens. Langsam zu reisen ist in. Wir wollen unsere Reiseziele erleben. Wir wollen einerseits die regionale Lebensweise kennenlernen, andererseits Einheimische treffen. Reisen in Sinne des „Slow Travel“ bedeutet außerdem das Eintauchen in eine fremde Kultur. Es ist das intensive Miteinander mit Menschen, denen wir unterwegs begegnen, ebenso wie das hautnahe Berühren mit einer Lebensart, die uns bis dahin fremd ist.
Slow Travel heißt, sich öffnen für andere Lebensweisen
Sich einlassen auf eine Region verlangt Offenheit und Toleranz, Neugier und manchmal auch Mut, etwas Neues auszuprobieren. Gleichzeitig bietet die Kunst des Slow Travel aber auch ein unglaublich befriedigendes Reise-Erlebnis, das uns Slow Travelern die Augen öffnet für Dinge, Orte und Lebensweisen, die uns bis dahin verborgen blieben. Als Langsam Reisender nimmt man sich die Zeit, Dinge zu hinterfragen, Orte zu erforschen, mit den Einheimischen zu (er)leben.
Was gehört zur Kunst, langsam zu reisen?
Natürlich ist Zeit ein wichtiger Faktor. Man braucht Zeit, um eine Region intensiv zu erfahren. Allein in diesem Satz ist eigentlich alles enthalten, was Slow Travel ausmacht: Sich auf Reisen ausreichend Gelegenheit geben, einen regional begrenzten Ort zu erleben. In unserem hektischen Alltag ist gerade das etwas, was uns fehlt. Was wir suchen. Was wir nur mit Mühe finden. Wir fliegen von Punkt A nach B. Erleben die Distanz nicht mehr. Erfahren nicht, welche verschiedenen Kulturen und Lebensarten wir verpassen. Was ein Land, eine Region ausmacht. Beim Slow Travel ist nicht das Ziel der Grund des Reisens, sondern der Weg, das hautnahe und intensive Erlebnis des Unterwegs Seins. Das ist es, was Slow Travel ausmacht. Dabei gibt es so viele Möglichkeiten, wie man die Art langsam zu reisen, erleben kann. Wir haben selbst einige davon ausprobiert:
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Langsame Fortbewegung
Wir haben das langsam Reisen in den letzten Jahren auf unseren Hausboot-Reisen erlebt. Eine Woche lang nehmen wir uns Zeit, uns ohne festes Programm auf dem Fluss treiben zu lassen. Plötzlich hört man die Vögel in den Büschen entlang der Flussufer singen. Wir spüren die Sonne auf der Haut. Wir sehen den Angler, wie er geduldig darauf wartet, dass ein Fisch anbeißt. Das Summen der Bienen lullt uns in einen Zustand der Ruhe, lässt uns eine Entspannung erleben, wie wir sie im Alltag nicht mehr kennen.
Im Gespräch mit den Schleusenwärtern erfahren wir, wie das Leben am Fluss ist. In einem kleinen Dorfcafé bekommen wir das Rezept der Quiche, die uns zum Mittagessen so gut schmeckt. Und der Dorfpfarrer winkt uns freundlich zu bei unserem mittäglichen Bummel durch das verschlafene Dorf. Wenn uns danach ist, legen wir am Ufer an, nehmen ein Bad im Fluss oder vertrödeln ein paar Stunden bei einem guten Buch und einem Glas Wein auf dem Deck unseres Boots.
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Slow Travel mit dem Auto
Auch mit dem Auto ist Slow Travel möglich – wenn man sich Zeit nimmt. Wir waren im letzten Jahr auf der Großglockner Hochalpenstraße unterwegs, einer der schönsten Pass-Straßen durch die österreichischen Alpen. Gut vierzig Kilometer ist sie lang, eigentlich ein Katzensprung. Wir haben uns einen ganzen Tag dafür Zeit genommen: uns einfach mal ins Gras gesetzt und einem Wasserfall zugeschaut, wie er ins Tal stürzt. Auf der Terrasse einer Berghütte eine Jause beim herrlichen Ausblick auf die umliegende Bergwelt genossen – abseits vom Trubel der großen Restaurants, in denen die Busgruppen aufs Essen warten. Kühen auf der Bergweide beim Gras fressen zugeschaut. Und Bergblumen im Herbstwind beobachtet.
All das auf einer Panoramastraße, die bekannt ist wegen ihrer landschaftlichen Schönheit, und die Tag für Tag Tausende von Besuchern anlockt. Unsere Slow Travel Tour war garantiert ein anderes und intensiveres Erlebnis als jenes der organisierten Bustouristen.
Wenn du umweltbewusst unterwegs sein willst, ist das E-Auto eine gute Option. Es ermöglicht dir, abgelegene Orte zu erreichen, ohne die Umwelt unnötig zu belasten. Viele Regionen haben inzwischen gute Ladeinfrastrukturen, auch in ländlichen Gebieten. Nutze Apps zur Ladesäulensuche, um entspannt zu planen. E-Autos sind besonders leise, was zu einer ruhigen Fahrt beiträgt.
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Slow Travel per Bahn
Eine nachhaltige Anreise passt perfekt zum Slow-Travel-Gedanken. Der Zug ist oft die beste Wahl für Entspannung und Umweltfreundlichkeit. Bahnreisen bieten dir die Chance, die Landschaft schon unterwegs zu genießen und dich ohne Stau und Parkplatzsuche stressfrei auf dein Ziel einzustimmen. Zudem ist der CO₂-Ausstoß im Vergleich zu Flügen viel niedriger.
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Langsam reisen zu Fuß
Besonders intensiv haben wir das Erlebnis des langsam Reisens bei einer Wanderung mit Alpakas im Neanderland erfahren. Dort bestimmten nicht wir das Tempo, sondern die Tiere. Diese waren allerdings eher am frischen grünen Gras am Wegesrand interessiert als an einer langen und anstrengenden Trekkingtour. Sie ermöglichten uns damit ein besonders beeindruckendes Erleben der schönen Natur im Neanderland. Wandern ist auf jeden Fall eine gute Alternative für Slow Travel. Also einfach den Wanderrucksack packen und los geht’s.
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Beobachten
Manchmal treiben wir unsere Slow Travel Erlebnisse bis zum Exzess: wenn wir uns Zeit nehmen, das Um-uns-herum zu beobachten. Dafür gibt es ganz besondere Orte: ein Restaurant, das uns die Möglichkeit bietet, ungestört die Passanten bei ihrem Alltag zu beobachten, während wir unseren Kaffee auf der Terrasse schlürfen. Der Balkon einer Berghütte, von dem wir einem Gewitter auf seinem Weg durchs Inntal folgen. Auf einer Bank im Park sitzen und den Bienen lauschen, die um die Frühlingsblumen herum schwirren. Die wenigsten dieser Erlebnisse kann man planen. Man erlebt sie unverhofft, unerwartet. Man erlebt sie jedoch nur, wenn man ausreichend Zeit für sie hat. Auch Tiere beobachten passt dazu.
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Mitmachen
Langsam zu reisen heißt zudem, sich Zeit nehmen für die Menschen, denen man unterwegs begegnet, und gemeinsam Zeit mit ihnen verbringen. Das kann spontan geschehen bei einem Gespräch, das sich in einem Café oder im Zug ergibt. Es gibt allerdings auch Gelegenheiten, die es einem erlauben, mit ihnen zu arbeiten und Dinge zu tun, die für sie zum Alltag gehören: einem Winzer bei der Weinernte helfen; einem Töpfer zuschauen und lernen, wie man seine Waren herstellt; von einem Sternekoch in die Kunst des Gourmetkochens eingeführt zu werden; von einer Schmuckproduzentin die Kunst des Muschel-Schleifens zu lernen. Auch das Herstellen schwedischer Zuckerstangen passt dazu. Das alles sind Erfahrungen, die wir auf unseren Reisen durch die Welt gemacht haben, und die uns mit dem Gefühl nach Hause zurückkehren lassen, unser Reiseland besser kennengelernt zu haben. Genuss Reisen gehört ebenfalls dazu.
Was heißt Slow Travel für uns?
Slow Travel bedeutet für uns auf jeden Fall, einem Land und seinen Menschen unsere Zeit zu widmen, uns außerdem intensiv mit ihnen zu befassen, ihre Besonderheiten, ihre Lebensart, ihren Charakter kennenzulernen. Uns zu öffnen für neue Erfahrungen.
Fazit zu Slow Travel
Slow Travel und Nachhaltigkeit: So profitieren Umwelt und Reisende
Slow Travel ist eine bewusste Entscheidung für Nachhaltigkeit und tiefere Erlebnisse. Indem Reisende länger an einem Ort verweilen und die Region intensiv erleben, reduzieren sie die Umweltauswirkungen, die durch häufiges Fliegen und ständiges Umherreisen entstehen. Statt in kurzer Zeit viele Ziele „abzuhaken“, geht es beim Slow Travel um das Eintauchen in die lokale Kultur und Natur.
Ein bedeutender Vorteil für die Umwelt ist die Reduzierung des CO₂-Ausstoßes. Wer längere Aufenthalte bevorzugt und zum Beispiel den Zug oder öffentliche Verkehrsmittel nutzt, kann seinen ökologischen Fußabdruck deutlich senken. Laut einer Studie von McKinsey sind 40 % der Reisenden bereit, mehr für nachhaltige Reiseoptionen zu zahlen, was die Nachfrage nach umweltfreundlichen Transportmitteln ebenso wie nach Unterkünften steigert.
Nachhaltige Reiseziele für Slow Traveler
Ein besonders beliebtes Ziel für Slow Traveler ist beispielsweise die Toskana in Italien. Mit ihren sanften Hügeln, charmanten Dörfern und der Möglichkeit, in ländlichen Agriturismo-Unterkünften zu übernachten, bietet die Region ideale Bedingungen für einen entschleunigten Aufenthalt. Reisende können Weinverkostungen genießen, Olivenhaine besuchen sowie lokale Märkte erkunden.
Auch das Allgäu in Deutschland ist ein perfektes Beispiel. Die Region fördert sanften Tourismus mit vielen Wanderwegen, Bio-Unterkünften und nachhaltigen Freizeitangeboten. Besucher können hier regionale Produkte probieren sowie die beeindruckende Natur der Alpen genießen.
Ein weiteres Ziel ist die Insel Madeira in Portugal, die sich für lange Aufenthalte eignet. Sie bietet eine atemberaubende Natur, zahlreiche Wanderwege und Initiativen zur Erhaltung der Flora und Fauna. Hier können Slow Traveler die vulkanische Landschaft und die Vielfalt der Pflanzenwelt in Ruhe erkunden.
Slow Travel unterstützt nicht nur die Nachhaltigkeit, sondern ermöglicht auch intensivere Reiseerlebnisse und den Aufbau einer echten Verbindung zur Region.
Offizielle Statistiken und aktuelle Informationen
- DRV
- Trendreport Tourismus
- ReiseAnalyse
- The No Normal Travel Trends
- Slow, sustainable and immersive travel
- State of Travel 2023
Kennst Du überdies?
- Slow Travel Blog
- Kunst und Kultur Reisen
- Slow Travel in Schleswig-Holstein – ein Interview mit Elke Weiler
- Kanada Reisetipps für Genießer
- Unterkunft in Quebec City für Slow Traveller: entdecke versteckte Ecken
Quelle: eigene Erfahrungen mit langsam zu reisen
Text: © Copyright Monika Fuchs sowie TravelWorldOnline
Fotos: © Copyright Monika Fuchs sowie TravelWorldOnline und Unsplash
Schöne Gedanken zum Thema Slow Travel! Mit einem Hausboot eine Gegend zu erkunden klingt super. Könnte mir vorstellen, dass dies auch Kindern Spaß machen könnte.
Hallo Sabine,
ich denke schon, dass das Kindern Spaß macht, vor allem wenn man sich unterwegs Zeit lässt und immer wieder einmal an einer Marina oder am Flußufer anlegt, um Wanderungen oder Radtouren zu unternehmen. So ist eine Hausboottour sicher auch für Kinder interessant.
Liebe Grüße,
Monika
Schöne Beispiele fürs Langsamreisen! Das Hausboot steht bei mir auch noch auf der Liste. Und bei Roadtripps muss ich mich manchmal auch eher zur Langsamkeit zwingen. Daher nutze ich in fernen Ländern doch lieber öffentliche Verkehrsmittel.
Gerade bei großen und weitläufigen Ländern fällt es uns oft schwer, langsam zu reisen – einfach weil die Distanzen zu groß sind. Wir planen aber von vorneherein mehr Zeit an den einzelnen Orten ein, dann haben wir immer noch die Gelegenheit, uns in der Umgebung etwas umzuschauen.
So eine Hausboot-Reise würde mir auch zusagen. Und die Wanderung mit den Alpakas auch!
Was uns auch gut gefällt, ist ein Fahrrad zu mieten und uns nicht in einer Touristengruppe mit dem Bus zur nächsten Sehenswürdigkeit karren zu lassen, sondern die Strecke selbst zu entdecken, im eigenen Tempo. Dann wird der Weg das Ziel und nicht das Fahrtziel.
LG
Shaoshi
Hallo Shaoshi,
eine Hausboottour können wir sehr empfehlen. Wir haben in den letzten Jahren zwei davon gemacht und sind begeistert: sich einfach treiben lassen, die Zeit, Ruhe und die Langsamkeit genießen – das ist einfach toll. Wandern und Radfahren sind normalerweise nicht so unser Ding, aber die Wanderung mit Alpakas hat uns gut gefallen, weil sie uns zwang, immer wieder mal stehen zu bleiben, wenn die Tiere fressen wollten. Das geschah oft und gab uns die Gelegenheit, die Landschaft zu genießen. Slow Travel vom Feinsten :).
Liebe Grüße,
Monika und Petar
Slow Travel finde ich auch schön. Überraschenderweise habe ich das neben unseren individuellen Reisen auch schon auf geführten Aktiv-Reisen in einer kleiner Gruppe erleben dürfen, z.B. als der Koch des Hauses uns an einem verregneten Tag die Küche überlies und wir nach norwegischen und schwedischen Rezept Kuchen backen konnten.
Den Großglockner Hochalpenpass haben wir im Mai geplant und werden uns auf den 40km auch Zeit lassen;)
Liebe Grüße
Melly
Liebe Melly,
Kuchen backen nach schwedischen und norwegischen Rezepten stelle ich mir schön vor. Wir sammeln oft Rezepte von unterwegs und kochen die Zuhause noch einmal in Erinnerung an schöne Reisen :).
Auf Deinen Bericht über die Großglocker Hochalpenstraße bin ich schon gespannt.
Liebe Grüße,
Monika
So schöne Ideen, danke für die tollen Tipps! So manches davon kann man glatt auch zu Hause machen: Auf der Parkbank sitzen, mit Fremden ins Gespräch kommen, zu Fuß gehen … Na ja gut, Alpakas haben wir hier grad nicht zur Hand. ;-)
Nur: unterwegs macht’s mehr Spaß, Petrina :) Und zu Hause nehm‘ ich mir nie die Zeit dafür. Da haben wir meistens anderes zu tun. Eigentlich schade! Das sollte man viel öfter tun.