Konditortorten und Kuchen – täglich frisch -, Bergische Waffeln in verschiedenen Sorten und die Bergische Kaffeetafel – „Kaffeetrinken mit allem Dröm und Dran“ – werden auf einer Schiefertafel in Nordrhein-Westfalen angepriesen. Schwierig wird’s, als wir das Café betreten wollen, denn drei Türen führen hinein in dieses außergewöhnliche Café. Gottseidank öffnet sich die mittlere davon und der ältere Herr, der heraustritt, weist auf die rechte Tür: „Hier geht’s rein.“
Unsere Bergische Kaffeetafel steckt voller Nostalgie
Wir kommen uns vor wie Alice im Wunderland als wir in das Café eintreten: kein Zentimeter in diesem Raum ist frei. Bilder, Plakate, Musikinstrumente, alte Uhren, geschnitzte Figuren verdecken die Wände. Bücher, Blumentöpfe, Vasen, Kaffeekannen, Tassen, Saucieren, alte Kaffeemühlen und manches, dessen Sinn sich mir auf den ersten Blick nicht erschließt, stehen auf den Fensterbrettern. Eine lebensgroße Figur mit Zylinder, Brille und Fotoapparat um den Hals hat ihren Platz neben unserem Tisch. An der Decke hängen Kronleuchter, rustikale Landhausleuchten und alte Gaslampen mit Email-Verzierung. Mehrere runde Tische sind verteilt im Raum, liebevoll gedeckt mit Tischdecken in verschiedenen Farben, die zum bunten Allerlei beitragen. In einer Ecke befinden sich mehrere Sofas in einer Sitzgruppe zusammen gestellt vor einer Wand, an der ein offenes Feuer für Gemütlichkeit sorgt.
Ein Café wie das Wohnzimmer zu Hause
Die Gäste fühlen sich ganz offensichtlich wohl in diesem Ambiente. An den Tischen neben uns sitzen zwei Paare mittleren Alters, die sich in gedämpftem Ton miteinander unterhalten. Ein paar Minuten nach uns betritt eine Gruppe älterer Damen den Raum, die eindeutig zur Stammkundschaft des Cafés zählen. Sie steuern zielbewußt auf einen der größeren Tische zu und bestellen sich ihre Waffeln, ohne einen Blick in die Speisekarte zu werfen. Sie kennen das Angebot des Cafés. Die Sofas in der Ecke des Raums sind der Rückzugsort mehrerer Herren, die sich in Ruhe am Feuer unterhalten. Fast haben wir den Eindruck, als ob alle das Café als Wohnzimmer betrachten, so vertraut ist ihnen diese Umgebung.
Das hat seinen Grund
Das hat seinen guten Grund, wie uns wenige Minuten später der Besitzer des Cafés, erzählt: „Viele Gäste haben etwas zu diesem Café beigesteuert und bringen immer wieder Dinge, die sie zu Hause nicht mehr brauchen.“ Zu tun hat das mit der Entstehungsgeschichte des Cafés, denn eigentlich war es gar nicht so geplant. Der Besitzer lebte lange Jahre in Portugal, kehrte dann aber wieder in seine Heimatstadt in Nordrhein Westfalen zurück. „Ich trinke gerne Kaffee“, sagt er. „Als ich hierherkam, gab es kein Café im Ort. Das einzige Hotel hatte geschlossen, und ich musste weit fahren, um Kaffee und Kuchen zu bekommen.“ Kurzerhand fragte er die Besitzer des leerstehenden Hauses, ob er das Erdgeschoss nutzen durfte.
„Bei der Nachbarin holte ich mir einen alten Tisch und ein paar Stühle und setzte mich Tag für Tag um 15.00 Uhr bei selbst gemachtem Kaffee und einem Stück Kuchen, das ich mir beim Bäcker holte, bei offener Tür an den Tisch. Die Leute, die mich von früher kannten, kamen herein, um Hallo zu sagen. Im Laufe der Zeit sprach es sich herum, dass es bei mir Kaffee gibt, und so besorgte ich mir bald weitere Tische von den Nachbarn und bat meine Besucher, etwas beizusteuern. So begann das“, lacht er.
Wir wollen bei ihm die Bergische Kaffeetafel kennenlernen.
Die Bergische Kaffeetafel
Die Bergische Kaffeetafel gibt’s nur auf Bestellung, wie uns eine Schiefertafel im Café bestätigt. Ab sechs Personen kann man dieses kulinarische Erlebnis genießen. Traditionell war sie für mehrere Personen gedacht. „Die Bergische Kaffeetafel ist ein soziales Ereignis, keine kulinarische Spezialität“, erklärt uns der Cafébesitzer.
„Früher waren die Leute im Bergischen Land während der Woche am Arbeiten und hatten keine Zeit, sich zu Gesprächen zu treffen. Daher besuchte man sich gegenseitig am Sonntag. Sogar geschäftliche Besprechungen fanden dann statt, weil jeder wusste, dass der Geschäftspartner an diesem Tag zu erreichen war. Zwischen zwei und sechs Uhr setzte man sich zusammen. Dabei kam auf den Tisch, was gerade da war: frisches Brot, Reisbrei, Obst, Marmelade, Wurst und mehr.“
Was ist eine Dröppelmina?
„Früher wurde der Kaffee in einer Dröppelmina serviert, einer Kaffeekanne mit drei Füßen, aus der man den Kaffee abzapfte“, berichtet unsere Kellnerin. Diese stellte man auf ein Stövchen, um den Kaffee warm zu halten. „Dröppelmina“ ist die Bezeichnung, die im Bergischen Land üblich ist. Im Norddeutschen schreibt man sie mit „nn“.
„Die Kanne stammt ursprünglich aus dem arabischen Raum, von wo die Holländer sie mitbrachten“, erzählt uns der Cafébesitzer. Auf unserem einladend gedeckten Kaffeetisch steht eine dieser Kranenkannen als Erinnerung, der Kaffee wird im Café aus einer hübschen Kaffeekanne im blauweißen Dekor eingeschenkt.
Hunger sollte man haben
Eine Bergische Kaffeetafel ist auf jeden Fall eines. Lecker, üppig, und sehr umfangreich! Zeit müsst Ihr mitbringen, wollt Ihr das selbst einmal erleben. Drei bis vier Stunden braucht man, will man die vier Gänge einer solchen Schlemmerei genießen.
Der erste Gang besteht aus Weißbrot-Scheiben, die wir mit Butter und Pflaumenmarmelade bestreichen „bis zum Rand“, wie uns die Kellnerin rät. Darauf kommt eine Schicht Milchreis, die mit Zimt und Zucker bestreut wird. Es folgt eine Bergische Waffel, die mit Zucker bestreut ist. Mit heißen Kirschen und einem dicken Klecks Sahne sorgt diese dafür, dass wir schon nach dem zweiten Gang satt sind.
Der dritte Gang ist pikant und besteht aus Roggenbrot mit einem Schinken- und Käseteller mit Salat, Paprikaschoten, Tomaten und Gurken. Zum Abschluss gibt es Blutwurst mit Zwiebeln zum Roggenbrot. Am besten verzichtet Ihr auf Mittag- und Abendessen – dann kann man eine Bergische Kaffeetafel schaffen. Wir taten gut daran!
Für eine Bergische Kaffeetafel ist Reservieren gewöhnlich nötig
Wollt Ihr eine Bergische Kaffeetafel selbst einmal erleben, geht das jedoch selten ohne Reservierung.
Das Café, in dem wir unsere Bergische Kaffeetafel genossen haben, gibt es heute allerdings nicht mehr. Stattdessen kannst Du sie in einem dieser Cafés ausprobieren:
- Hotel zur Post. Hauptstr. 8-10. 51674 Wiehl.
- Holsteins Mühle. Holsteins Mühle 1. 51588 Nümbrecht. 02293/6956.
- Hotel/Restaurant Ponyhof Knotte. Römerstr. 51674 Wiehl. 02262/93152.
- Waldhotel Tropfsteinhöhle. Pfaffenberg 1. 51674 Wiehl.
Kennst Du überdies?
- Zwei Cafes im Neanderland
- Ein Spaziergang voller Nostalgie durch die gute alte Zeit im Upper Canada Village
- Kaffee und Kultur in einem Cafe in Salzburg
- Beste Restaurants und Cafes in Ljubljana
- Shopping Erlebnis voller Nostalgie
- Vergleiche Wohnmobil Preise hier.
- Oder reist Du lieber mit dem Dachzelt oder Zelt?
- Geschenke für Reisende
- Wie isst man einen Hummer?
- Das beste Frühstück der Welt?
- 10 Gründe für eine Reise nach Peru
Genuss Reisetipps findest Du außerdem hier. Hier findest Du zudem weitere Restaurants und Cafés, die wir empfehlen.
Quelle: Recherchen vor Ort. Wir bedanken uns auf jeden Fall bei Das Neanderland und Nordrhein Westfalen Tourismus für die Einladung zu dieser Reise. Unsere Meinung bleibt jedoch, wie immer, unsere eigene.
Text: © Copyright Monika Fuchs sowie TravelWorldOnline
Fotos: © Copyright Monika Fuchs sowie TravelWorldOnline
Video: © Copyright Petar Fuchs sowie TravelWorldOnline
Sieht irgendwie aus, wie aus einem Märchen. Oder Harry Potter oder so. :) Sollte ich mal in der Nähe sein, werde ich definitiv vorbeischauen. Ein Besuch scheint sich zu lohnen und die Waffeln sehen fantastisch aus!
Hallo Tom,
an Harry Potter hatte ich zwar nicht gedacht, als ich dort war. Aber Du hast Recht, ein wenig wirkt es wie die Läden, in denen Harry in den Filmen so unterwegs ist. Das Essen war jedenfalls klasse. Nur viel Hunger solltest Du mitbringen.
Viele Grüße,
Monika
Leider gibt es die Bergische Kaffeetafel nur noch ab sechs Personen, weil es „sonst zu viel“ wäre. Wir waren letzten Mittwoch zu dritt dort und konnten vorab keine reservieren. Schade! :-( wir hätten uns gern der Herausforderung gestellt! :-)
Tut mir leid, dass es nicht geklappt hat, Susi. Herzlichen Dank für die Information. Ich habe das im Text gleich richtig gestellt.
Liebe Monika,
lieber Petar,
ah, jetzt weiß ich auch was eine Dröppelmina ist. Das Wort hatte ich schon gehört aber völlig anders interpretiert. Ich mag so nostalgische Cafés. Sieht alles sehr lecker aus.
Frohe Weihnachten und liebe Grüße
Renate
Liebe Renate,
leider wurde die Dröppelmina bei unserer Bergischen Kaffeetafel nicht benutzt. Sie stand nur zur Dekoration auf dem Tisch. Das Essen war jedoch klasse! Und das Café ist allein schon einen Besuch wert.
Ein frohes Weihnachtsfest und liebe Grüße,
Monika und Petar